Das traditionelle Interview zum neuen Tonträger

Schlaffke Wolff unterhält sich mit Zwakkelmann über die neue Entschuldigung-CD (Hulk Räckorz/Edel).
Schlaffke: „Hallo, Herr Zwakkelmann, lange nicht gesehen. Sie sind aber ganz schön gealtert.“
Zwakkelmann: „Danke für die Blumen. Dito, Herr Doktor Schlaffke.“
Schlaffke: „Wie geht es Ihnen denn so?“
Zwakkelmann: „Wenn Sie mir weiter solche Komplimente machen, kann ich für nichts garantieren. Nee, alles jut soweit. Ich bin froh, dass die neue Scheibe nun endlich auf die arme Menschheit losgelassen wird.“
Schlaffke: „Yeah, 4 Jahre sind seit dem letzten, regulären Studio-Album, dem `Briefmarkenalbum´, vergangen. Okay, Ende 2013 gab`s ja noch die opulente Zwakkelmania-CD. Aber wieso hat es diesmal so lange gedauert?“
Zwakkelmann: „Das hat verschiedene Gründe. U.a. lag es an der Trennung von unserer alten Plattenfirma. Wir mussten uns also erst mal `ne neue suchen. Außerdem zog sich die gesamte Produktion ziemlich in die Länge.“
Schlaffke: „Wieso dat denn?“
Zwakkelmann: „Ich wollte diesmal mehr ausprobieren und mich nicht schon wieder so unter Druck setzen. Kräht doch eh kein Hahn danach, wann Herr Zwakkelmeier `n Ei legt.“
Schlaffke: „Kikeriki!“
Zwakkelmann: „Also mittlerweile bin ich immer mehr der Auffassung, dass Dinge, die man veröffentlicht, seien es Bilder, Songs, Texte oder was weiß ich, auch wirklich Qualität haben sollten. Gerade bei der Veröffentlichungsflut heutzutage. Hinzu kommt, dass die Ansprüche mit der Zeit natürlich steigen.“
Schlaffke: „Dafür redest Du aber gerade ganz schön viel Müll. Äh, versteh ich jetzt nich`.“
Zwakkelmann: „Na ja, als wir mit Zwakkelmann anfingen, war es sicher einfacher, Songs zu schreiben und aufzunehmen. Ich brauchte mir weniger Gedanken um Wiederholungen und um die Produktion zu machen. Hab einfach drauf los geschrieben und alles mit ein paar Mikrofonen zu Hause im lauten Kämmerlein produziert. Heute geb` ich mich damit nicht mehr zufrieden.“
Schlaffke: „Aber dieser Garagensound hat doch auch Eure Originalität ausgemacht.“
Zwakkelmann: „Stimmt, aber für `Entschuldigung´ wollte ich mehr. Und ich bin mir sicher, dass es sich gelohnt hat. Entgegen allen Trends wurde jeder Ton in einem feisten Tonstudio über einen längeren Zeitraum hinweg produziert. Nix mit Homerecording! Das wäre früher auch gar nicht möglich gewesen. Zwei Drittel der Aufnahmen entstanden bei Keusgen in Haldern, wo wir auch die Zwakkelmania aufnahmen. 3 Songs wiederum im White Noise-Studio in Winterswijk. Obendrein ließ ich alles am Ende im Skyline in Düsseldorf von Mastermind Kai Blankenberg mastern.“
Schlaffke: „Hö, hö, hört man das denn auch?“
Zwakkelmann: „Yeah, die Aufnahmen sind insgesamt wuchtiger, poppiger und moderner als alles, was wir zuvor produziert haben.
Aber sie klingen immer noch auf eine gewisse Art und Weise roh, schmutzig und reduziert. Das ist ja bei uns immer so `ne Gratwanderung.“
Schlaffke: „Wie finanzierst Du eigentlich solche Eskapaden?“
Zwakkelmann: „Na ja, normale, ich sag mal in Anführungsstrichen, Menschen fliegen vielleicht einmal im Jahr in den Urlaub. Ich hingegen spar mir die Kohle und nehm `ne CD auf. Das sehe ich aber als Privileg an. Und es ist sicher auf Dauer befriedigender und aufregender, als dämlich in der Sonne rum zu liegen oder irgendwelche Berge zu erklimmen. Umweltschonender sowieso.“
Schlaffke: „Ah ha, jetzt willst Du auch noch die Welt retten. Eventuell solltest Du auch besser mal in den Urlaub fahren. Reisen bildet ja bekanntermaßen.“
Zwakkelmann: „Okay, ich bin mir durchaus darüber im klaren, dass sich Herr Zwakkelmann nach wie vor in seinem dämlichen, kleinen Klangkosmos bewegt. Deshalb auch der Titel `Entschuldigung´. Ich find es originell, sich für seinen Tonträger zu entschuldigen. Ein Entschuldigung kann doch gar nicht verkehrt sein. Entschuldigung, ich muss mal eben husten.“
Schlaffke: „Ich dachte, das hängt mit dem letzten Song `Entschuldigung´ zusammen?“
Zwakkelmann: „Auch, aber nicht nur. Ich fühl mich oft schuldig.“
Schlaffke: „Aber das war doch immer schon so. Was hat sich denn sonst noch verändert?
Zwakkelmann: „Zum ersten Mal in meiner langen, musikalischen Laufbahn steckt die CD in einem hübschen Digi-Pack. Aber abgesehen vom grafischen Teil haben wir der Musik insgesamt mehr Raum gegeben. Zum Beispiel hätte es bei der Zwakkelmann-Bigband so ein ausuferndes Ende wie bei `Ohne Dich ist doch alles…´ vorher nicht gegeben. Fünf Lieder von `Entschuldigung´ überschreiten tatsächlich die magische 3-Minuten.Marke. Wahnsinn, wa?“
Schlaffke: „Du klingst ja wie so `n ekliger Mucker. Fehlt nur noch, dass Du zum Straight Edge konvertierst.“
Zwakkelmann: „Im Ernst, die gesamte Zwakkelmann-Bigband raucht mittlerweile nicht mehr. Deshalb macht der erste Song `Meine Geliebte Z.´ auch durchaus Sinn.“
Schlaffke: „Is` ja widerlich! Hast Du etwa noch mehr Geschmacklosigkeiten auf der Pfanne?“
Zwakkelmann: „Durchaus. Wir haben im Vorfeld sehr intensiv an den einzelnen Songs gefeilt und uns beispielsweise mit `Disco Zwakkelmann´ zum ersten Mal an einen Song im Disco-Takt gewagt und mit `G-i-t-a-r-r-e´ eine Rap-Nummer vom Stapel gelassen.“
Schlaffke: „Igitt, da kommt mir sogleich die erste Zeile von `Brauche(n) Rock´, Eurer Debüt-CD, in den Sinn: `Geh mir nicht mit Hip Hop auf den Sack…!´. Ihr macht ja scheinbar vor nichts mehr halt.“
Zwakkelmann: „Entschuldigung, es tut mir leid. Aber es sind ja auch wieder typische Zwakkelmann-Hymnen mit drauf. Ich denke da an `Mann ohne Manko´, der hitverdächtigen Country & Western-mäßigen, dritten Nummer. Oder `Abschalten von allem´, was ja, wie einige andere Lieder der CD, in einer melancholischen Zwakkelmann-Tradition steht. Oder die ebenfalls hitverdächtige Hommage an uns selbst `Ich lieb` sie so wie sie ist´. Ich sag nur `Tomatenrotes Haar´. Es ist auch immer noch mein Bestreben, Hits, die im Ohr hängen bleiben, zu kreieren. Wir sind uns sicherlich bei allen Veränderungen doch treu geblieben.“
Schlaffke: „Warum machst Du nicht einfach mal was völlig neues, was total anderes?“
Zwakkelmann: „Ehrlich gesagt hab ich mich das bisweilen auch schon gefragt.
Aber leider kann ich nichts anderes! Und die Musik, die ich mit Zwakkelmann mache, ist schon die, die mir gefällt. Ich hör ja auch viel alten Kram. Da gibt’s, wenn ich ehrlich bin, wenig neues, was mich begeistert. Und die Zwakkelmann-Spielwiese ist ja gar nicht so eng umzäunt. Wir können ja, ähnlich wie die Die Ärzte, ein weites Feld beackern.“
Schlaffke: „Und werdet dabei immer noch als Punkband gehandelt.“
Zwakkelmann: „…Obwohl wir ja schon mehr sind als das.
Aber davon mal abgesehen, man könnte uns sicher besser verkaufen, wenn wir nur so Bolznummern wie `Reißleine´ raus hauen würden. Allerdings wäre das Herrn OHase und mir viel zu anstrengend und langweilig. Ich will auch nichts mit diesem sogenannten Deutschrock an der Birne haben, auch wenn sich da ein riesiges Publikum auftut. Bitte keine Testosteron-Tattoo-Brüllaffen mit Metalgitarren! Nee, nee, wir bewegen uns lieber auf einsamen Wegen zwischen Independent, Punk, Pop, Rock und Chanson.“
Schlaffke: „Between tragisch and komisch.“
Zwakkelmann: „Ja, aber auch vermeintlich lustige Lieder wie `Lärmbelästigung´, `Spaßbremse´ oder `Geschwindigkeit´ haben durchaus einen ernsten, autobiografischen Hintergrund. Ich kann eh immer noch am besten über die kleinen Dinge aus meinem unmittelbaren Umfeld schreiben.“
Schlaffke: „Keine eindeutig, politischen Texte? Würde doch in die heutige Zeit passen.“
Zwakkelmann: „Das mag sein. Is` aber nich` Zwakkelmanns cup of beer. Ich fänd es auch irgendwie unehrlich. Aber wir haben zum Beispiel einen Song aufgenommen, der sich u.a. gegen diese ganzen, rechten Schwachköpfe richtet. Im Endeffekt gehörte er aber zu den schwächeren Nummern und kam deshalb nicht mit auf die Platte. Vielleicht veröffentlichen wir ihn einfach im Internet. Dort passt er auch sehr gut hin, wenn ich an die ganzen ekligen Pöbler denke.“
Schlaffke: „Da bin ich mal gespannt. Wie heißt er denn?“
Zwakkelmann: „`Einfach mal die Fresse halten´.“
Schlaffke: „Ah, nett.“
Zwakkelmann: „Und im Zuge der Flüchtlingsgeschichte sah ich mich gezwungen, `Verlierer-Dasein´ im Booklet `Verlierer auf der Gewinnerseite´ zu nennen. Ich wollte klar stellen, dass wir hier bei allem Losertum natürlich immer noch auf der Gewinnerseite leben.“
Schlaffke: „Wird wahrscheinlich nur den wenigsten auffallen. Apropos Gewinner. Wie seid Ihr eigentlich auf Hulk Räckorz gekommen?“
Zwakkelmann: „Fratz von Hulk kannte ich bis vor kurzem eher flüchtig. Aber ich wusste schon länger, dass er mit Wizo dieses schicke Label betreibt. Da er zudem mittlerweile bei uns in der Ecke wohnt, hab ich direkt an ihn gedacht. Fratz gefielen unsere neuen Aufnahmen auch auf Anhieb. Zwar hab ich noch ein paar andere Labels angeschrieben, aber da kamen nicht nicht viele Reaktionen zurück.
Ich bin aus dem Alter raus, irgendwelchen Musikbusiness-Leuten hinterher zu rennen. Zur Not hätte ich die CD selbst raus gebracht. Aber ich wollte, dass sie in einem professionellen Rahmen erscheint.“
Schlaffke: „Wieso das?“
Zwakkelmann: „Ich finde, die Aufnahmen haben es einfach verdient.
Und zu meinem runden Geburtstag wollte ich es noch einmal wissen. Wer weiß, vielleicht ist es das letzte Mal, dass ich überhaupt `ne CD pressen lasse. Ich musste so lachen, als Fratz meinte, eine Plattenfirma sei heutzutage ein sinnloses Geschäftsmodell. `Sinnloses Geschäftsmodell´ wäre auch `n guter Plattentitel gewesen. Genauso wie `Liebhaberei´.“
Schlaffke: „Und wie löst Ihr nun das Schlagzeuger-Problem? Techt will doch keine Konzerte mehr geben.“
Zwakkelmann: „Hmm, lustigerweise is` Fratz ja auch Drummer.“
Schlaffke: „Heißt das, er wird bei Euch hinter der Schießbude hocken?“
Zwakkelmann: „Ist noch nicht raus. Das müssen wir erst noch antesten. Es haben sich nämlich `ne ganze Menge Drummer bei uns gemeldet.
Zum Glück eilt das alles nicht so. Momentan bestreite ich Konzerte solo nur mit Stromgitarre. Spätestens zum Ruhrpott Rodeo werden wir mit neuem Drummer aufwarten.“
Schlaffke: „Okay, dann möchte ich Sie nicht länger aufhalten. Piss dahin, Herr Zett. “
Zwakkelmann: „Yep, piss die Tage.“