Das große SHITSINGLE-Interview

Schlaffke interviewt Reinhard Wolff alias Zwakkelmann zu „Shitsingle – Anekdoten eines Vollidioten“
Schlaffke: „Shit, musste das sein, jetzt auch noch `n Buch, Herr Zwakkelmann, äh, Herr Wolff?“

Reinhard Wolff: „Tschuldigung, aber mir blieb keine andere Wahl. Schon seit meiner Jugend spiele ich mit dem Gedanken, ein Buch zu schreiben. Damals inspirierte Bukowski mich sehr.“

Schlaffke: „Okay, aber Bukowski ist längst tot und Deine Jugend liegt lange zurück.“

R. Wolff: „Yeah, das ist wohl wahr. Aber ich dachte oft, wenn mir was Peinliches widerfuhr, was ja häufig der Fall war: `Das kannst du bestimmt irgendwann in deinem blöden Buch verwursten´. Gesagt, getan, wenn auch mit riesiger Verspätung.“

Schlaffke: „Dein Hauptdarsteller, der übrigens seltsamerweise genauso heißt wie ich, hält im ersten Corona-Lockdown Rückschau. Ist SHITSINGLE in dieser Zeit entstanden?“

R. Wolff: „Nein, ich hab es nur während des ersten und zweiten Lockdowns nochmal überarbeitet. Ich doktor ja schon Ewigkeiten dran rum, allerdings immer wieder mit langen Pausen dazwischen. Das meiste entstand weit vor Corona. Kack Covid spielt im Buch lediglich eine Statistenrolle.“

Schlaffke: „Wofür steht SHITSINGLE? Okay, irgendwie kann ich es mir denken.“

R. Wolff: „Ich schmeiß einfach mal ein paar Schlagworte in den Raum: Kacke, Hit, Vinyl, Singledasein.“

Schlaffke. „Gar nicht mal so doof. Ist SHITSINGLE Deine Autobiografie?“

R. Wolff: „Nee, es sind schlichtweg Stories aus meinem Leben, die mir wichtig, witzig und originell erschienen. Ich hab sie mir geschnappt und zu Papier gebracht. Es erinnert ein bisschen vielleicht an ein gebundenes Punk-Fanzine. Teilweise springe ich zwischen den Zeiten hin und her, komprimiere das Geschehen, werfe Personen durcheinander und dichte hier und da was dazu.“

Schlaffke: „Was zum Beispiel?“

R. Wolff: „Beispielsweise hat es `Kalla´, den griesgrämigen Gitarrenschrauber und den unangenehmen `Zopfarsch´, der mich nach einem verpatzten Auftritt blöd von der Seite anquatscht, so nicht gegeben. Aber mir sind ähnliche Typen über den Weg gelaufen. Ich nenne den Hauptdarsteller im Buch übrigens `Schlaffke´, weil ich etwas Abstand zu mir haben wollte. Das Ganze ist nur teilweise autobiografisch, vielleicht zu 77,77 Prozent. Wer will schon die Autobiografie eines erfolglosen Musikers lesen?“

Schlaffke: „Ich! Aber Prominente, Bands und Festivals wie das „Haldern Pop“ oder das „Ruhrpott Rodeo“ werden beim Namen genannt?“

R. Wolff: „Ja, dafür heißen die Nebenfiguren wieder anders. Ich wollte keinen aus meinem unmittelbaren Umfeld mit reinziehen.“

Schlaffke: „Verstehe, sind ja auch einige Peinlichkeiten drin.“

R. Wolff: „Jo, aber vor allem was meine Person betrifft. Ich serviere Geschichten, die ich selbst gern lesen würde. Für lustige Loser-Stories hatte ich immer schon ein Faible. Die einzelnen Geschichten sind miteinander verbunden, lassen sich am Stück, aber auch häppchenweise lesen. Deshalb die Bezeichnung Anekdoten-Roman.“

Schlaffke: „Du hast nicht selten eine negative Sicht auf die Dinge. Teilst schon mal aus.“

R. Wolff: „Man darf natürlich nicht alles so bierernst nehmen und jedes Wort auf die berühmt, berüchtigte Waagschale legen. Nichtsdestotrotz ließ sich, auch wenn ich im Grunde niemandem weh tun möchte, ein bisschen Randale nicht vermeiden. Vielleicht ist auch meine Punk-Sozialisation daran schuld. Ich zitiere mal den großartigen Stephen King: `Wenn Sie so authentisch wie möglich schreiben wollen, sind ihre Tage als Mitglied der besseren Gesellschaft eh gezählt´.“

Schlaffke: „Sehr gut, aber in der hast Du Dich doch noch nie befunden.“

R. Wolff: „Das ist wohl wahr. Und das Leben erzählt doch immer noch die besten Geschichten. Ich lese gerne Autobiografisches. Konstruierte, abstruse Stories sind nicht mein Ding. Zum Beispiel gefiel mir Campinos „Hope Street“, auch wenn ich seine Fußball-Manie überhaupt nicht teilen kann, besser als Belas Buch. Ohne ihn ankacken zu wollen, hat „Scharnow“ mich nicht richtig gepackt. Es war mir teilweise zu verworren, hatte mir zu viele Handlungsstränge. Aber das ist natürlich Geschmackssache. Viele sehen das sicher anders.“

Schlaffke: „Und jetzt Du mit Deinem bescheuerten Bestseller. Ha, ha, ha!“

R. Wolff: „Im Gegensatz zu den beiden Herren, die ja übrigens ebenfalls in meinem Buch auftauchen, werde ich mit SHITSINGLE wohl keinen Blumentopf gewinnen. Ich bin einfach nur froh, dass ich dieses güldene Kleinod endlich in Händen halten darf. Es steckt sehr viel Zeit, Kraft und Herzblut drin.“

Schlaffke: „Das glaub ich Dir. Aber immerhin hast Du vorher schon für diverse Krachblätter geschrieben und mit den Zwakkelmann-CDs „Vollhorst“ und „Papa Punk“ ähnliche Stories rausgehauen. Da sind die Geschichten im Booklet zu finden, jetzt wiederum in ausgedehnter Buchform.“

R. Wolff: „Ja, und das war, wie gesagt, lange ein Traum von mir. In SHITSINGLE sind ja auch Liedtexte abgedruckt.“

Schlaffke: „Für mich ist es ein bisschen `ne Mischung aus „Dorfpunks“ von Rocko Schamoni und Heinz Strunks „Fleisch ist mein Gemüse“.“

R. Wolff: „Oh, das klingt spitze. Ich hab beide Bücher natürlich gelesen und mag sie außerordentlich.“

Schlaffke: „Hast Du Angst vor den Reaktionen zu SHITSINGLE?“

R. Wolff: „Ich werde schon ein bisschen nervös. Ist ja sozusagen mein Debüt als Schreiberling. Aber ich sag mir, es ist doch nur ein kleines, bescheidenes Büchlein. Nicht mehr und nicht weniger. Und wenn es ein Flop werden sollte, kann ich ja immer noch, wie bisher auf die Musik setzen. Na ja, es wär schon toll, wenn es seine Freunde finden würde.“

Schlaffke: „Verstehe, aber ist das Dein Hauptanliegen?“

R. Wolff: „Mir war zunächst wichtig, meine blöden Erlebnisse loszuwerden. Ich hab auch ein bisschen gegen das Vergessen angeschrieben, weil ich ein ziemlich zerstreuter Mensch bin. Und ich kann mich in Ruhe am Computer besser konzentrieren und ausdrücken, als draußen in freier Wildbahn unter Menschen.“

Schlaffke: „Das geht vielen wohl so. Bist Du eher ein schüchterner Mensch?“

R. Wolff: „Wahrscheinlich. Ich wurschtel gern allein vor mich hin und ich hab Spaß an Sprache. Wenn ich der Musik überdrüssig wurde, knöpfte ich mir die Geschichten vor. Das war auch eine Form von Beschäftigungstherapie. Ich hoffe, meine Leser haben genauso viel Freude an SHITSINGLE. Außerdem wäre es grandios, wenn zwischen den Zeilen ein bisschen hängen bleiben würde.“

Schlaffke: „Versteh ich nich`?“

R. Wolff: „Na ja, es ist hoffentlich mehr als ein stumpfer Anekdoten-Roman. Und vielleicht nimmt der ein oder andere die „Anekdoten eines Vollidioten“ ja öfter mal in die Hand.“

Schlaffke: „Literatur in Moll und Dur? Schubidu, ich reim wie Du.“

R. Wolff: „Hu, hu! Kann sein, es sind ja wahrlich nicht nur lustige Geschichten drin.“

Schlaffke: „Jo, zum Beispiel der Tod des jungen Zwakkelmann-Fans, oder Deines kleinen Bruders. Harter Tobak.“

R. Wolff: „Ich wollte, genauso wie in meinen Liedern, auch traurigen, ernsten Themen Raum geben.“

Schlaffke: „Davon faselst Du ja schon seit langem. Das Ganze war also ein ziemlicher Marathon mit Hindernissen. Wie beschreibst Du es so nett: Er war kein Schriftsteller, eher ein Schriftumsteller. Oder ein Wortringer. Er rang mit jedem Wort.“

R. Wolff: „Auch wenn ich ein ungeduldiger Mensch bin, nehme ich mir fürs Schreiben Zeit, überarbeite meine Texte oft. Ich wollte eine klare, einfache Sprache. Musste beim Schreiben mangelndes Talent durch Fleiß wettmachen. Wie sagte einst meine holde Mutter? Es muss sich lesen wie Butter.“

Schlaffke: „Es liest sich eher wie Truppen-Margarine in einer Suppenterrine. Ich reim hier dumm rum. Sag, wie kam es zum Vertrag mit dem Berliner Verlag? Lief der Kontakt zu Hirnkost klassisch per Digitalpost, also per E-Mail von West nach Ost?“

R. Wolff: „Da muss ich überlegen. Das geschah auf Umwegen. Vorher waren noch andere Verlage im Gespräch. Aber das verlief im Sande, was aber auch mit meiner Trägheit zusammenhing. Ich hab meist der Musik den Vortritt gelassen und das Buchprojekt hinten an gestellt. Ich bin auch nicht der Typ, der Klinken putzt. Manchmal dachte ich, okay dann erscheint SHITSINGLE eben erst nach meinem Ableben.“

Schlaffke: „Schick gereimt. Aber Du hast meine Frage nicht beantwortet.“

R. Wolff: „Pardon, wollte Sie nicht verkohlen, musste nur etwas ausholen. Kurz vorm ersten Lockdown besuchte ich einen Vortrag von Klaus Farin, dem Hirnkost-Macher. Das war direkt bei mir um die Ecke, was ja an ein Wunder grenzt. Solche Veranstaltungen sind rar gesät hier auf dem Lande. Jedenfalls war Klaus mir sympathisch und wir kamen ins Gespräch. Ich schickte ihm meine Geschichten, er zeigte Interesse und es kam zur Zusammenarbeit.“

Schlaffke: „Dann war Corona ausschlaggebend dafür, dass das Buchprojekt letztendlich abgeschlossen wurde?“

R. Wolff: „Yes, das verdammte Virus hat unbewusst mitgewirkt, es zu vollenden, weil auch Klaus plötzlich mehr Zeit hatte.“

Schlaffke: „War Dir der Hirnkost-Verlag vorher ein Begriff?“

R. Wolff: „U.a. wegen Tim Hackemacks Fotobänden und Karl Nagels gierigem „Schlund“ hatte ich Hirnkost im Hinterstübchen. By the way, ein spitzen Roman.“

Schlaffke: „Und wie machst Du jetzt weiter?“

R. Wolff: „Soweit es möglich ist, möchte ich kleinere Auftritte bestreiten, bei denen ich aus SHITSINGLE lese und Lieder nur zur Stromgitarre singe. Das könnte sehr unterhaltsam werden. Einige Termine stehen bereits fest. Eine neue Zwakkelmann-CD ist ebenfalls in der Mache. Die wird der absolute Hammer und knüpft da an, wo das Buch endet.“

Schlaffke: „Klingt interessant. Wird es ein Hörbuch geben?“

R. Wolff: „Wenn Interesse besteht, vielleicht. Werde wohl auch ein paar Stories als Appetithäppchen ins Netz stellen. Einen Text einzusprechen kann man durchaus mit dem Einsingen eines Liedes vergleichen.“

Schlaffke: „Hast Du so was schon gemacht?“

R. Wolff: „Jo, unter anderem für „Ein Hörbuch namens Kotze“ von Alex Gräbeldinger.“

Schlaffke: „Du entwickelst Dich ja zu einem richtigen Tausendsassa. Bist Du womöglich schlauer geworden?“

R. Wolff: „Das glaub ich jetzt nicht, aber irgendwie bin ich schon wieder `ne Ecke weiter als im Buch. Beispielsweise irre ich nicht mehr als Single durch die Gegend, trinke weniger Alkohol und bin momentan weniger negativ drauf.“

Schlaffke: „Was?! Jetzt enttäuschst Du mich aber maßlos!“

R. Wolff: „Tut mir leid.“

Schlaffke: „Na ja, ich glaub, wir sollten mal zum Ende kommen.“

R. Wolff: „Jo, Dankeschön und Prösterchen.“

Schlaffke: „Bitteschön und Wiederhören.“